Zollernalb Klinikum

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07. September 2022

Die Bundesregierung plant ab Oktober das Corona-Schutzkonzept u. a. in Krankenhäusern zu verschärfen. Demnach sollen sich alle Beschäftigten täglich unter Aufsicht durch geschultes Personal oder durch eine offizielle Teststelle vor Arbeitsbeginn testen lassen. Das Klinikdirektorium und der Betriebsrat des Zollernalb Klinikums wandten sich nun in dringender Angelegenheit mit einem Brandbrief an die Bundestagsabgeordneten der Region.

Aktuell testen sich alle immunisierten Mitarbeiter im Zollernalb Klinikum zwei Mal pro Woche. Die nicht-immunisierten Beschäftigten bzw. Mitarbeiter deren Grundimmunisierung länger als drei Monate zurückliegt, führen täglich einen Schnelltest vor Arbeitsbeginn durch.

„Es ist absolut unzumutbar, was den ohnehin strapazierten Krankenhäusern nun noch zusätzlich auferlegt werden soll“, so Dr. Gerhard Hinger, Vorsitzender Geschäftsführer, zu den Plänen der Bundesregierung. „In den Kliniken herrscht mit der FFP2-Maskenpflicht, der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und der regelmäßigen Testung im Klinikum der bestmögliche Schutz gegen SARS-COV2. Es ist ein Unding, die Kliniken mit diesem erheblichen Mehraufwand an Kosten und Bürokratie noch mehr zu belasten.“

Auch Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender des Zollernalb Klinikums Günther-Martin Pauli unterstützt den Vorstoß des Klinikums: „Nach über zweieinhalb Jahren der Pandemie wird die bereits geschwächte Gesundheitsbranche weiter belastet. Es ist unerträglich, was die Bundesregierung den Kliniken nun mit dieser neuen Regelung aufzubürden plant.“

Nachfolgend die vollständige Stellungnahme des Klinikdirektoriums und Gesamtbetriebsrates, welche bereits an die Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß (CDU), Pascal Kober (FDP), Chris Kühn (Bündnis90/ Die Grünen) und Robin Mesarosch (SPD) per Mail versendet wurde:

COVID-19-Schutzgesetz - Umsetzungsproblematik in den Kliniken

Sehr geehrter Herr Bareiß,

sehr geehrter Herr Kober,

sehr geehrter Herr Kühn,

sehr geehrter Herr Mesarosch,

die BWKG-Mitteilung 453/2022 vom 05.09.2022, die wir Ihnen im Anhang beifügen, informiert über den Entwurf des COVID-19-Schutzgesetzes.

Auszug aus der BWKG-Mitteilung:

Der Testnachweis darf nach § 22a IfSG max. 24 h alt sein und der Test muss unter Aufsicht

der verantwortlichen Stelle als betriebliche Testung durch geschultes Personal oder

durch eine Teststelle erfolgen. Offenbar sieht der Gesetzgeber keine dieser drei Möglichkeiten

bei einer nicht überwachten Selbsttestung von (geschultem) Klinikpersonal als erfüllt an.

Die darin formulierten Anforderungen an die Krankenhäuser und deren Mitarbeiter haben erhebliche Auswirkungen auf die wir Sie im Folgenden aufmerksam machen möchten.

Durch das Abweichen von der „nicht überwachten Selbsttestung“ und der Forderung „der Test muss unter Aufsicht der verantwortlichen Stelle als betriebliche Testung durch geschultes Personal oder durch eine Teststelle erfolgen“ kommt es zu einer erheblichen Belastung der klinischen Betriebsabläufe. Einerseits müssen in den Kliniken Teststellen durch geschultes Personal eingerichtet werden. Außerdem muss die Arbeitszeit berücksichtigt werden, während der jeder Mitarbeiter getestet wird und in der sonst keine Arbeiten ausgeführt werden können.

Wir gehen davon aus, dass dieser Prozess pro Mitarbeiter und pro Arbeitstag ca. 30 Minuten Arbeitszeit in Anspruch nehmen wird.

Bei einer Gesamtanzahl von 1.600 Mitarbeitern muss davon ausgegangen werden, dass täglich durchschnittlich ca. 700 Mitarbeiter am Arbeitsplatz sind und getestet werden müssen. Dies bedeutet einen Arbeitszeitaufwand von 350 Arbeitsstunden pro Tag (700 Mitarbeiter á 30 Minuten). Für die Gültigkeitsdauer dieses Gesetzesentwurfs vom 01.10.2022 bis 07.04.2023, das heißt 189 Arbeitstage, fallen somit 66.150 Arbeitsstunden alleine für die vorgeschriebene Testung an. Ausgehend von einem für alle Berufsgruppen durchschnittlichen Arbeitsentgelt von 40 EUR pro Stunde ergibt sich eine Belastung in Höhe von 2.646.000 EUR (rund 2,64 Mio. EUR).

Zusätzlich zu den dargestellten Personalkosten sind die Materialkosten für 132.300 Tests (700 Mitarbeiter * 189 Tage) zu berücksichtigen.

Außerdem wird den Klinikmitarbeitern durch den Wegfall der „nicht überwachten Selbsttestung“ ein erhebliches Misstrauen entgegengebracht, das ganz offensichtlich unterstellt, dass die Klinikmitarbeiter in der Vergangenheit keine ausreichende Verantwortung und Sorgfalt gezeigt haben. Für uns stellt dies eine eindeutige Verschlechterung, im Vergleich zu der Situation im vergangenen Jahr, dar.

Diese Form des Umgangs lassen sich viele Mitarbeitender im Gesundheitswesen nicht mehr gefallen. Die jetzt bereits bestehende hohe Fluktuation und Abwendung von Gesundheitsberufen wird durch diese Maßnahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter verstärkt.

Selbstverständlich stehen wir als Verantwortliche für das Zollernalb Klinikum zu den erforderlichen und sinnvollen Schutzmaßnahmen. Durch die sehr hohe Zahl an COVID-Patienten, die bei uns im Klinikum in der Vergangenheit behandelt wurden, sind wir sowohl auf die Schutzmaßnahmen, als auch auf den fachgerechten Umgang mit der COVID-Erkrankung eingestellt.

Als Bundestagsabgeordnete aus unserer Region bitten wir Sie ausdrücklich darum, dem Vorschlag des COVID-19 Schutzgesetztes nicht zuzustimmen. Die Umsetzbarkeit ist nicht praktikabel und führt zu einer weiteren drastischen Verschlechterung der aktuellen Situation im Gesundheitswesen.

Ein gleichlautendes Schreiben senden wir an die Bundestagsabgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP, und SPD. Gleichzeitig werden die BWKG und die Medien über dieses Schreiben informiert.

 

Freundliche Grüße

Dr. Gerhard Hinger – Vorsitzender Geschäftsführer

Manfred Heinzler – Kaufmännischer Geschäftsführer

Prof. Dr. Michael Bitzer – Ärztlicher Direktor

Thomas Scholz – Stellvertretender Pflegedirektor

Ute Hettel – Gesamtbetriebsratsvorsitzende und Betriebsratsvorsitzende Balingen

Frank Hipp – Betriebsratsvorsitzender Albstadt