Zu einem Austausch über die aktuelle Situation der baden-württembergischen Krankenhäuser traf sich die Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Tübingen-Hechingen, Annette Widmann-Mauz (CDU), mit Dr. Gerhard Hinger und Manfred Heinzler von der Geschäftsführung des Zollernalb Klinikums in Balingen. Dabei ging es um die Auswirkungen der von der Bundesregierung geplanten Krankenhausstruktur-Reform in Baden-Württemberg.
Angesichts der jahrelangen Unterfinanzierung der Einrichtungen befürchten rund 80 Prozent der baden-württembergischen Krankenhäuser (BWKG) für das Jahr 2024 ein erneut negatives Jahresergebnis, das noch einmal deutlich höher ausfallen wird als 2023. Der Fehlbetrag für die rund 200 Krankenhäuser in Baden-Württemberg wird nach deren Einschätzung um 250 Mio. Euro auf dann 900 Mio. Euro anwachsen.
Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ab 2025 vorgeschlagenen Änderungen im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), das in der vergangenen Woche in den Bundestag eingebracht wurde, sieht ab 2025 eine Finanzierung der Krankenhäuser mit Vorhaltepauschalen vor, die sich dann nur noch auf aktuelle Leistungszahlen beziehen sollen.
Seit vier Jahren gab es allerdings keine adäquate Anpassung der Vergütung für Krankenhausleistungen entsprechend den realen Kostensteigerungen. Die daraus resultierende prekäre Finanzlage der Krankenhäuser werde vom Bundesgesundheitsminister bei der neuen Reform jedoch völlig außer Acht gelassen, so die Vertreter des Klinikums. Finanzhilfen von Bundesseite – wie zuletzt in der Pandemie und der Energiekrise – seien hingegen nicht mehr vorgesehen.
Hinzu komme, dass die lineare Anhebung des Landesbasisfallwerts, der für die Leistungsabrechnung maßgeblich ist, auch im Jahr 2024 weit unterhalb der erheblich gestiegenen Personal- und Sachkosten liege, mit der Folge, dass bei der Anpassung der Leistungsvergütung die tatsächliche Entwicklung der Personal- und Sachkosten außer Acht gelassen würden.
Die Krankenhausvertreter sprachen sich für eine Änderung des Abrechnungssystems aus. Dazu sei es unabdingbar, das aktuelle DRG-System mit seinen Schwächen neu zu justieren und sinnvoll weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang begrüßten sie auch die politisch gewollte und medizinisch sinnvolle Ambulantisierung, die allerdings in einem angepassten Finanzierungssystem auch angemessen und kostendeckend finanziert werden müsse.
„Dennoch sollten,“ so Dr. Hinger „die spezifischen Versorgungsnotwendigkeiten weiterhin berücksichtigt werden. Vor Einführung eines neuen Systems müssen erst einmal die hierfür erforderlichen Versorgungsstrukturen geschaffen werden. Die Stimmungslage im Krankenhaus ist für die Mitarbeiter sehr frustrierend. Die Mitarbeiter und die Verantwortlichen haben den Eindruck, dass, egal wie sehr sie sich anstrengen, es nicht gelingen wird, ein positives Ergebnis zu erzielen.“ Weiter warnte er: „Dies wird zu einer weiteren Verschärfung des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen führen.“
Annette Widmann-Mauz würdigte die vielfältigen Bemühungen des Zollernalb Klinikums, angesichts der finanziellen und personellen Herausforderungen die medizinische und pflegerische Qualität der stationären Versorgung in der Region für die Zukunft zu sichern und auszubauen. Der strukturelle Anpassungsdruck sei hier seit langem besonders gravierend. Für eine Reform dieser Tragweite sei ein angemessenes Finanzvolumen erforderlich, um die Übergänge so zu gestalten, dass versorgungsnotwendige Häuser diesen Prozess auch tatsächlich bewältigen könnten. „Wenn der Allgemeinzustand des Patienten vom Arzt vor einer schweren OP noch zusätzlich massiv geschwächt wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er sie nicht überlebt“, kritisiert Annette Widmann-Mauz das Verhalten von Gesundheitsminister Lauterbach (SPD). Noch sei nach Corona und den wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht zu erkennen, dass die Ampel-Koalition den Krankenhäusern eine ausreichende Finanzierung für die Reform zur Verfügung stellen wird. „Damit bringt die Bundesregierung die Kliniken an den Rand ihrer wirtschaftlichen Existenz und gefährdet das Rückgrat der gesundheitlichen Versorgung der Menschen im ländlichen Raum.“